DIE JUNGFRAU VON ORLÉANS
Friedrich Schiller
Keine, die in schimmernder Rüstung Frankreichs Fahne trägt. Bloß ein Mädchen, erschöpft hingehängt auf den Hals einer Pferde-Statue. Allein, wie sie sich zu Beginn den Helm aufsetzt: Keine heroische Geste, eher eine Selbstverständlichkeit. Der Regisseur hält Distanz zur Legende. Eine gegen alle, Johanna gegen den Rest der Welt. Ein geisterhafter Chor, wispernd und wogend als Stimmen, die Johanna im Kopf herumspuken. Oder gleichgeschaltet wie auf dem Schlachtfeld, eine schwarze Krieger-Phalanx. Szenen der Uneinigkeit ergibt das, in denen die ganze Misere offenbar wird. Und Johanna? Die ist die Randfigur im eigenen Traum, ein Fremdkörper, vom eigenen Vater ans Messer geliefert. Man setzt auf sie, aber man traut ihr nicht. Spannend ist das, produktiv irriterend auch.
Ruth Bender, Kieler Nachrichten :: 26. September 2015 | ungekürzt ansehen
Wie kommt man dem Monument auf der Bühne bei? Malte Kreutzfeldt gelingt das, indem er im Kieler Schauspielhaus das Stück in Stücke zerlegt und mit stilistischer Vielfalt zugänglich macht.
Die Sympathie der Regie gehört unumwunden der Johanna von Orleans. Denn gegen die tolle Theaterei im szenischen Umfeld setzt er mit ihr eine sensibel ausforschende psychologische Studie. Schillers idealistisch veredelte Gestalt belässt er unangetastet, und Agnes Richter gelingt es, sie auch heutigen Maßstäben glaubhaft zu machen. (...) Wenn sie dann als Kämpferin hoch zu Ross erscheint, wird sichtbar, mit wie viel Not und Mühe sie sich dort hält. Wenn sie sich vor Hof behauptet, wird erkennbar, wie fremd sie sich dort fühlt. Wenn sie der (ihr verbotenen) Liebe zu Lionel verfällt, macht sie das körperlich erfahrbar - eine erste schmerzliche Erfahrung eigener Bewusstwerdung.
Von da an ist Johanna eine - ihre eigene - Gefangene. Die Regie demonstriert das mit einem der eindringlichsten Einfälle: Lionels Hemd wird an ihr zur Zwangsjacke.
Christoph Munk, Hansen + Munk kultur.blog :: 26. September 2015 | ungekürzt ansehen
mit Agnes Richter (Johanna), Christian Kämpfer (Karl), Eirik Behrend (Burgund), Isabel Baumert (Agnes), Rudi Hindenburg (Dunois), Claudia Macht (Isabeau), Siegfried Jacobs (DuChatel), Martin Borkert (Talbot), Immanuel Humm (Lionel), Werner Klockow (Thibaut), Marius Borghoff (Montgomery), Oliver Schönfeld (Christof).
Bühne und Musik Malte Kreutzfeldt | Kostüme Katharina Beth | Dramaturgie Jens Paulsen | Photos Olaf Struck