IN EINEM DICHTEN BIRKENWALD, NEBEL
HENRIETTE DUSHE
Regisseur Malte Kreutzfeldt hat die musikalische Struktur des Textes wundervoll instrumentiert und auf der zumeist leeren Bühne als Elegie einer heillosen Traurigkeit dirigiert. Die Ausstattung ist streng in Schwarz und Weiß gehalten, nur die Birkenwaldprojektion bietet auch silbrig schimmernde Grauschattierungen. Glühbirnen einer Lichterkette verlöschen nach und nach mit sanften Verpuffungen, immer dann, wenn eine Wohlfühlzutat des Lebens als Placebo enttarnt ist.
"Die Nacht" Franz Schuberts wird anfangs zarttönend angestimmt, "wie schön bist du, freundliche Stille, himmlische Ruh'", aber auch gleich konterkariert durch den Auftritt der entschlossen Äxte schwenkenden Frauen, die Männerkostüme tragen und einen Make-up-Mix aus Totenmaske und Kriegsbemalung. Während die Männer in Frauenkleidern fassungslos von Momenten berichten, in denen sich ihr Gesicht im Spiegel auflöste und die Zeit anders zu ticken begann.
Dunkelheit senkt sich über die Bühne dieses kunstvoll inszenierten, sprachschönen, irisierend gespielten - verstörenden Abends. Weil er Depression nicht als Krankheit, sondern als Symptom unseres wohlanständig durchschnittlichen Lebens beschreibt.
Die Deutsche Bühne, Januar 2016
mit Karoline Stegemann (Die Junge), Marie Kerkhoff (Die Mittlere), Heidrun Schweda (Die Alte), Stephan Clemens, Roman Weltzien, Henry Klinder (Die Männer).
Ausstattung und Musik Malte Kreutzfeldt | Dramaturgie Christian Katzschmann | Photos Kerstin Schomburg