IMMER NOCH STURM
Peter Handke
Kreutzfeldts Kieler Team bleibt eher dem klaren, verzweifelt-kämpferischen Klang der Geschichtsbewältigung auf der Spur, szenisch sehr genau und konzentriert auf die nicht ganz unkomplizierten Konstellationen dieser zersprengten Familie, geschunden in der Tragik der Geschichte wie das Volk, zu dem sie gehörte. (...) Ein starker, kräftiger, handfester und in allem sehr poetischer Theaterabend ist das geworden in Kiel. (...) Das Team erfüllt Handkes großen Anspruch, eine Geschichte vom unausweichlichen Elend der Welt zu erzählen im Untergang der slowenischen Apfelmenschen. Der Sturm, der sie von der Weltbühne fegte, hält an.
Michael Laages, nachtkritik :: 10. Januar 2015 | ungekürzt ansehen
Einen Moment lang ist alles Idylle, wie sie ihre Apfelkisten schleppen, munter zupacken, einander zulächeln und arbeiten. Eine Welt im Einklang. Ein starkes stilles Bild, das der melancholische Chorgesang der Schauspieler ahnungsvoll verstärkt. So beschwört sie der Ich-Erzähler in seiner Erinnerung; so hätte er sie wohl gern, die fremden Ahnen. (...) Ein Bild, so schön wie vergänglich. Malte Kreutzfeldt macht mit seiner Inszenierung behutsam sichtbar, wie das Private zu Geschichte wird. (...) So wachsen mit Marotten und Eigenheiten aus den Schatten der Erinnerung feinsinnige Figuren. Und so fegt der Sturm der Welt, des Krieges in die Familie, entfremdet, verroht, zersprengt sie. Der Ich- Erzähler, den Werner Klockow halb neugierig, halb staunend überfordert in die Szenerie stellt, ist daneben eher neugieriger Beobachter als Ahnenbeschwörer. (...) Kreutzfeldt erzählt eine Parabel in leisen Bildern. Verstörend klar, wenn die Kinder in den Krieg ziehen und mit zerstörter Seele heimkehren, verloren tragisch, wenn die Schwester aus den Feldpostbriefen zitiert. Zwischen Licht und Dunkel entwickelt der Abend so einen Rhythmus, der das Schwebende, Ungefähre von Handkes Sprache behutsam aufnimmt. (...) Am Ende haben die Kinder eine Mauer gebaut, Grenze, Familiengruft - alles ist möglich. Davor verteilt die Großmutter Apfelkompott, und das Leben geht weiter.
Ruth Bender, Kieler Nachrichten :: 12. Januar 2015
mit Isabel Baumert, Agnes Richter, Yvonne Ruprecht, Werner Klockow, Oliver E. Schönfeldt, Marko Gebbert, Rudi J. Hindenburg, Zacharias Preen, Christian Kämpfer
Bühne Damian Hitz | Kostüme Katharina Beth | Dramaturgie Jens Paulsen