DER BESUCH DER ALTEN DAME
FRIEDRICH DÜRRENMATT
Fast niedlich beharren die Güllener auf ihrem "Einer-für-alle, alle-für-einen"–Rhythmus, um immer fordernder, immer abgründiger kollektiven Verrat zu üben. Die pure Konzentration im Stück hält über zweieinhalb Stunden. Umso mehr zeigt sich die Begeisterung am Ende des Stücks.
Unerschrocken waten die Darsteller durch den Modder, sie besudeln dabei zuerst die Füße, die Kleidung, fallen hin und geben von oben bis unten das Bild verheerender Schmutzstarre ab. Doch je mehr Dreck kleben bleibt, umso edler, eleganter werden die Klamotten der Güllener. Zum anfänglichen Schwarzweiß, in dem die Güllener ihre alte Lady als verlorenes Kind in der Heimatstadt empfangen, kommt bald ein leuchtendes Gelb, erkauft auf Kosten des Lebens von Alfred Ill.
In der strengen Konsequenz, mit der Regisseur Malte Kreutzfeldt das Stück entwickelt, trägt das Bild vom Schlamm durchgängig bis zum Schluss. Es steht anfangs für heruntergekommene Verhältnisse, immer stärker aber auch für Verkommenheit und moralischen Morast: Wie viel kostet ein Menschenleben? Alles, wenig, nichts?
Marianne Schultz :: Freie Presse vom 27.04.2016
Eine Schlammschlacht begeistert die Zuschauer im Schauspielhaus. Die Bewohner Güllens sind eine eingeschworene Gemeinschaft. "Einer für alle!", tönen sie einstimmig, noch bevor sich der Vorhang hebt. Aber der Gemeinschaftssinn wird schnell zu Grabe getragen, als die Milliardärin Claire für ihr Geld Rache will. In der zweieinhalbstündigen Inszenierung verlangt Regisseur Malte Kreutzfeldt seinen Darstellern einiges ab, mit echtem Schlamm auf dem Boden. Die Dörfler waten, schlittern und wälzen im Modder. Eine tolle Premiere!
Victoria Winkel :: Chemnitzer Morgenpost vom 25.04.2016
Blog–Eintrag von Johanna Schall zur "Alten Dame" in Chemnitz ... »
mit Susanne Stein (Claire), Andreas Manz-Kozár (Alfred), Christian Ruth (Jakob Hühnlein), Jan Gerrit Brüggemann (Bürgermeister), Markus Schoenen (Pfarrer), Dominik Foertsch (Polizist), Stefan Schwenninger (Lehrer), Marko Bullack (Arzt), Ulrike Euen (Mathilde), Maria Schubert (Tochter)
Bühne Nikolaus Porz | Kostüme Katharina Beth | Dramaturgie Friederike Spindler | Photos Dieter Wuschanski